Politische Gewalt im urbanen Raum – europäische und globale Perspektiven

Politische Gewalt im urbanen Raum – europäische und globale Perspektiven

Veranstalter
Hamburger Institut für Sozialforschung; in Kooperation mit dem Projekt „Urbane Gewalträume“ (Centre Marc Bloch Berlin / Verbund „Saisir l´Europe“); und dem Centre de recherche sociologique sur le droit et les institutions pénales (Paris)
Veranstaltungsort
Hamburger Institut für Sozialforschung (HIS)
Ort
Hamburg
Land
Deutschland
Vom - Bis
11.02.2015 - 13.02.2015
Von
HIS Presse- und öffentlichkeitsarbeit

Konzept

Ausgangsbefund der Tagung ist die – zumindest gefühlte – Zunahme von gewaltsamem Protest in Europa und der Welt. Befeuert gleichermaßen von den Symptomen einer globalen Wirtschafts- und Finanzkrise wie von politischen Freiheitsvorstellungen ist es in jüngerer Zeit in vielen Orten der Welt zu Demonstrationen, Platzbesetzungen und gewaltsamen Konfrontationen gekommen: Tunis, Athen, Madrid, Kiew, Kairo, Caracas, Bangkok, Hong-Kong stehen für eine globale Welle von Protesten.

Im Inneren der EU scheint diese wiedererwachende Protestkultur fast so etwas wie einen Paradigmenwechsel darzustellen. Das europäische Projekt, das bis zur Krise auf wachsenden Wohlstand und sozialen Frieden setzte, sich aber auch zunehmend bürokratisierte und auf die Partizipation der Bürger verzichtete, stieß – zuletzt etwa in Griechenland oder Spanien – auf verschärfte Widerstände. In der Ukraine hingegen waren es pro-europäische Impulse, die zu gewaltsamem Widerstand und schließlich zu politischem Umbruch führten. Städte – mit ihrer spezifischen sozialen, kulturellen, politischen und nicht zuletzt räumlichen Gestalt – geben den Boden und den Rahmen für politische Gewalt ab. Um genau dieses Verhältnis zwischen Gewalt und Stadtraum soll es in der Tagung in verschiedener Hinsicht gehen. Haben sich mit der Phänomenologie des Protests und der Gewalt auch ihre Ursachen gewandelt? Wie ist das Verhältnis der Gewalt und der Proteste zum sozialen Raum, zu den sozialen Klassen und den Zugehörigkeitsgruppen? Gibt es entsprechende Veränderung der Forderungen und damit des politischen Ziels der Proteste, etwa von sozialem Ausgleich zu Anerkennung, Respekt und Selbstbestimmung? Verändern sich mit den Zielen die Formen und darunter eben auch die Verhältnisse zum städtischen Raum in seiner physischen Gestalt, der nun anders angeeignet, benutzt wird? Die Demonstration ist ein Protestzug, der sich durch die Stadt bewegt, doch der Platz ein Ort der Versammlung, der eine dauerhafte körperliche Anwesenheit der Aktivisten verlangt, die bleiben und wiederkehren. Überträgt sich hier ein Phänomen der Vorstädte auf die Innenstädte? Wie funktionieren die Verflechtungen zwischen verschiedenen Protesten bzw. Stadträumen, die überhaupt erst die Wahrnehmung als Protestwelle nahelegen? Schließlich: Wie konzipieren und wie kontrollieren die Sicherheitsinstanzen (Polizei, Militär, Wachdienste) den Stadtraum?

Diese Fragen sollen zu neuen Antworten auf die älteren Hypothesen zum Zusammenhang zwischen Gewalt und Raum führen. Älteren Ansätzen, die von sozialer Segregation und Verdrängung der Gewalt an die Stadtränder ausgehen, werden hier neue Perspektiven entgegengesetzt. Unterschiedliche Orte und damit unterschiedliche Erfahrungen im Zentrum, am Rande und in ganz unterschiedlichen Peripherien sollen einbezogen werden. Wir möchten uns dem Thema im Rahmen von vier Schwerpunkten nähern:

- Gewalt im sozialen Raum der Stadt
- Gewalt als Aneignung städtischen Raums
- Gewalt und die Verflechtung urbaner Räume
- Gewalt, städtischer Raum und Sicherheitspolitik

Programm

11. Februar 2015

20 Uhr
Abendvortrag: Fabien Jobard (CMB Berlin/CESDIP): Wie man Politik mit städtischer Gewalt macht
Moderation und Einführung: Ulrich Bielefeld (HIS)

12. Februar 2015
9.30 – 10.30
Begrüßung
Jan Philipp Reemtsma (HIS): Gewalt, Kommunikation und Raum. Diskussion mit den Veranstaltern

10.30 – 11.15
I. Protest und Gewalt im sozialen Raum der Stadt
Moderation: Ariane Jossin (Saisir l’Europe)
Moritz Rinn: Protest, Gewalt und städtische Gesellschaft in Hamburg

Anne Nassauer (FU Berlin), Territoriale Konflikte und Protestgewalt in USA und Deutschland
Kinda Al Sayed (UCLondon): Spaces of urban violence in London (2011)

15.00 – 17.00
II. Aneignung und Transformation des städtischen Raums
Moderation: Simon Teune (Institut für Protest- und Bewegungsforschung Berlin)
Thomas Lindenberger (ZZF Potsdam): "Straßenpolitik" im Kaiserreich
Laurent Fourchard (Universität Bordeaux): Urbane Transformation und urbane Gewalt in Nigeria und Südafrika im Vergleich
Renaud Epstein (Universität Nantes): Stadtsanierung und Revolten in Frankreich: historische und zeitgenössische Perspektiven

17.30 – 19.00
III. Gewalt und die Verflechtung urbaner Räume
Moderation: Falk Bretschneider (MSH Paris)
Andreas Pettenkofer (Universität Erfurt): Gewaltereignisse und der Evidenzverlust universalistischer Normen. Über eine Grenze der Globalisierung
Teresa Koloma Beck (CMB) und Tobias Werron (Universität Luzern): Lokale Gewaltkonflikte und Globalisierung

13. Februar 2015
9.30 – 12.30
Gewalt und Verflechtung (Fortsetzung)
Gilles Kepel (Institut d’études politiques Paris): Globale islamische Netzwerke als Element der politischen Mobilisierungen in den französischen Banlieues

IV. Gewalt, städtischer Raum und Sicherheitspolitik
Moderation: Jérémy Gauthier (CMB)
Jacques de Maillard (Université Versailles, CESDIP), Daniela Hunold (Deutsche Hochschule der Polizei, Münster-Hiltrup): Polizei und städtische Räume in Deutschland und Frankreich.
Pascal Viot, Gilles Descloux (Universität Lausanne): Europäisierung des raumbezogenen Polizeihandelns

Daniel Schönpflug (CMB): Kommentar

Kommentar und Diskussion
Moderation: Daniel Schönpflug (CMB)

Wissenschaftliche Organisation: PD Dr. Ulrich Bielefeld (HIS), Prof. Dr. Fabien Jobard (CESDIP) und PD. Dr. Daniel Schönpflug (CMB)
Ort: Hamburger Institut für Sozialforschung

Die Zahl weiterer Teilnehmerinnen und Teilnehmer ist begrenzt.
Interessierte wenden sich mit ihrer Anfrage bitte direkt an Herrn PD Dr. Ulrich Bielefeld (ulrich.bielefeld@his-online.de).

Kontakt

Dr. Regine Klose-Wolf

Hamburger Institut für Sozialforschung
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
040-41 40 97 12

presse@his-online.de

http://www.his-online.de/veranstaltungen/9200/
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Sprach(en) der Veranstaltung
Französisch, Deutsch
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